7.1.2016

Ein bisschen verrückt muss man schon sein

Paul-Walter Löhr aus Merlau "sortiert" tausende Köcherfliegenlarven

Hat sein Interesse für heimische Amphibien ihm schon vor Jahren den Spitznamen Krötenpaul eingebracht, so befasst sich der passionierte Naturschützer zur Zeit mit einer 13.000 Tiere umfassenden Sammlung von Köcherfliegenlarven. Stefan Zaenker vom Biospeläologischen Kataster hat die Winzlinge in Höhlen und Quellen eingesammelt. Er gehört dem Verband der Höhlen- und Karstforscher e.V. an und ist in Hessen, Bayern und Thüringen unterwegs. Bei der Bestimmung rechnen die beiden Spezialisten mit etwa 30 verschiedenen Arten.

Paul-Walter Löhr konnte schon einige Raritäten benennen, wie z.B. die auf der Roten Liste der bedrohten Tiere geführten Rhyacophilalaevis oder Hydropsyche fulvipes, die im Biosphärenreservat Rhön bzw. im Naturraum Oberwesterwald gefunden wurden. Das Vorkommen bestimmter Arten von Köcherfliegenlarven erlaubt eine Beurteilung der Wassergüte, und es ist sicherlich kein Zufall, dass seltene Exemplare in geschützten Gebieten gefunden wurden.
 
Die bis zu 30 mm großen Larven können je nach ihren Ernährungsgewohnheiten in drei Gruppen unterteilt werden: Die Weidegänger leben vom Biofilm im Bach (Bakterien und Algen), während die Sammler feinste Partikel unterschiedlichster Art zu sich nehmen und die Räuber kleinste Lebewesen erbeuten.

Der Name der Insekten, aus deren Eiern sich die Larven entwickeln, ist allerdings irreführend. Es handelt sich nicht um Fliegen, sondern um eine den Schmetterlingen näherstehende  eigene Tierordnung. Die Trichoptera, was übersetzt behaarte Flügel heißt, sind als Beutetiere vieler Fische das optische Vorbild für die Fliegenfischerei.
 
Um die Arten unterscheiden zu können, benötigt Paul-Walter Löhr im letzten Larvenstadium befindliche Exemplare, sowie ein gutes Auge und viel Geduld. Nicht nur das Köchermaterial, aus dem die Tierchen ihren Unterschlupf bauen und das aus Sand oder Blättern und ähnlichem bestehen kann, sondern auch die Form der Köcher und die Tatsache, ob die Larven einzelne oder mehrere Kiemenfilamente besitzen, sind wichtige Unterscheidungsmerkmale. Das bedeutet viele Stunden am Binokular.
 
Ausdauer bei wissenschaftlichen Untersuchungen hat Paul-Walter Löhr, der seit vielen Jahren aktives Mitglied des NABU Wettsaasen ist, schon bei einer weiteren Leidenschaft bewiesen. Er bestimmte aus den Gewöllen mehrerer Schleiereulengenerationen, die einige Jahre unter seinem Dach wohnten, verschiedene Mäusearten und wirkte als Autor maßgeblich an dem Bildbestimmungsschlüssel für Kleinsäugerschädel aus Gewöllen mit.

Auf die Frage, warum er dieses ungewöhnliche Hobby betreibt, erfolgt die nachdenkliche Antwort: Aus Liebe zur Natur. Und ein bisschen verrückt muss man wohl auch sein.

 

(Karin Brand, NABU Wettsaasen)

 

 

Paul-Walter Löhr am Binokular

Paul-Walter Löhr am Binokular.

Foto: Eva-Maria Kalok

Köcherfliegenlarve, Köcher aus leeren Schneckengehäusen der Rhön-Quellschnecke

Köcherfliegenlarve, die ihren Köcher aus leeren Schneckenhäusern der seltenen Rhön-Quellschnecke gebaut hat.

Foto: Paul-Walter Löhr

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